„Die strategische Integration von Geo- und Netzinformationssystemen“ – ZfK 2005

Zeitung für kommunale Wirtschaft

Die Welt der Bestandsdokumentation in der Energiewirtschaft hat sich in den letzten zehn Jahren wesentlich verändert. Die ersten GIS-Projekte wurden durchgeführt, um die Bestandsverwaltung der Anlagenobjekte in der Energieverteilung zu modernisieren. Damit wollte man die Papierdokumentation durch CAD Schemapläne ablösen.

Ziel war der Wechsel des Informationsträgers vom Papierblattschnitt zum Kartasterplan

Aus der Digitalisierung sind für nahezu alle Versorgungsunternehmen große betriebliche Vorteile entstanden, jedoch haben die seit 1998 vollzogenen Konsolidierungen und Fusionen in der deutschen Energiewirtschaft inzwischen fast jedes Versorgungsunternehmen erfasst. Somit stehen die EVUs vor komplett neuen und zunehmend komplexeren Aufgabenstellungen und Herausforderungen. Den fusionierten Unternehmen steht urplötzlich ein ganzes Portfolio von unterschiedlichen GIS-Anwendungen zur Verfügung, wobei die verschiedenen Systeme auch unterschiedliche Daten- und Informationsstrukturen mit sich bringen.

 

Diese und andere ähnliche Rahmenbedingungen behinderten bislang die schnelle und erfolgreiche Einführung einer vollständig elektronischen Bestandsdokumentation. Viele Versorgungsunternehmen stehen heute auf einer hybriden Bestandsdokumentation. Spätestens seit der Diskussion um die Umsetzung der neuen Energiewirtschaftsgesetze vom Juli 2005 jedoch muss die Rolle und Aufgabenstellung der GIS-Systeme in der IT-Strategie geklärt und festgelegt werden.

 

Auszug aus dem Gesamtartikel in ZfK 2005

Die strategische Integration von Geo- und Netzinformationssystemen

von Paul Eschbach und Matthias Fetsch, BASE CONSULT GmbH, München

 

Die Welt der Bestandsdokumentation in der Energiewirtschaft hat sich in den letzten zehn Jahren wesentlich verändert. Die ersten GIS-Projekte wurden durchgeführt, um die Bestandsverwaltung der Anlagenobjekte in der Energieverteilung zu modernisieren. Damit wollte man die Papierdokumentation durch CAD Schemapläne ablösen, Ziel war der Wechsel des Informationsträgers vom Papierblattschnitt zum Kartasterplan. Aus der Digitalisierung sind für nahezu alle Versorgungsunternehmen große betriebliche Vorteile entstanden, jedoch haben die seit 1998 vollzogenen Konsolidierungen und Fusionen in der deutschen Energiewirtschaft inzwischen fast jedes Versorgungsunternehmen erfasst. Somit stehen die EVUs vor komplett neuen und zunehmend komplexeren Aufgabenstellungen und Herausforderungen. Den fusionierten Unternehmen steht urplötzlich ein ganzes Portfolio von unterschiedlichen GIS-Anwendungen zur Verfügung, wobei die verschiedenen Systeme auch unterschiedliche Daten- und Informationsstrukturen mit sich bringen. Diese und andere ähnliche Rahmenbedingungen behinderten bislang die schnelle und erfolgreiche Einführung einer vollständig elektronischen Bestandsdokumentation. Viele Versorgungsunternehmen stehen heute auf einer hybriden Bestandsdokumentation. Spätestens seit der Diskussion um die Umsetzung der neuen Energiewirtschaftsgesetze vom Juli 2005 jedoch muss die Rolle und Aufgabenstellung der GIS-Systeme in der IT-Strategie geklärt und festgelegt werden. Viele Unternehmensleitungen stehen GIS-Systemen nach vielen Jahren aufwändiger Datenerfassung und Systemmigrationen immer noch kritisch gegenüber. Die digitale Bestandsdokumentation an sich erbringt heute in der Tat lediglich einen geringen und kaum darstellbaren betrieblichen Vorteil. Erst die betriebliche Vernetzung, Nutzung und Auswertbarkeit der Daten kann entsprechende Potenziale aufzeigen und umsetzen. Die Sichtweise hat sich somit komplett verändert, NIS-Systeme stehen heute im primären Fokus des Betriebes. Aus der Ablösung des mechanischen Zeichenbüros erwachsen Systeme, die die betrieblichen Prozesse (Anlagenplanung, Anlagenbau, Anlagenbetrieb, Anlageninstandhaltung, Störungsmanagements, Betriebssta­tistiken) unterstützen. Basis für ein betriebliches Informationsmanagement sind die elektronischen Daten der Anlagen. Die Aufgabenstellung lautet heute, Informationen rund um die betrieblichen Vorgänge zum Life-Cycle- Management der Anlagenobjekte und deren Nutzung zu beschaffen. Die grafische Bestandsdokumentation ist nur noch die Grundlage für dieses Ziel. Bei unseren Analysen zeigte sich in nahezu allen Fällen, dass in den vorhandenen Strukturen, Systemen und Prozessen im Umfeld des Anlagenmanagements noch hohe Potenziale schlummern. Entsprechend aufgesetzte GIS- und NIS-Projekte erfüllen in einer betriebswirtschaftlichen Analyse stets die üblichen Wirtschaftlichkeitskriterien. Die Projekte sind hierzu jedoch systematisch vorzubereiten und stringent an der betrieblichen Nutzenorientierung aufzusetzen. Es liegt auf der Hand, dass die in IT-Projekten oft angetroffene Produktorientierung bei GIS-/NIS-Projekten komplett fehl am Platze ist. Im Mittelpunkt steht eine klare Analyse des betrieblichen Einsatzspektrums, der Informationsstrukturen, der betrieblichen Prozessunterstützung und der Systemarchitekturen. Dies bestimmt auch die Vorgehensweise im Projekt: für die Detailplanung eines GIS-Implementierungs- und Migrationsprojektes bedarf es zunächst einer soliden Basis.

 

Phase 1: Was will man betrieblich erreichen ?

Die Frage nach dem Ziel der Systemeinführung ist in vielen Unternehmen eindeutig festgelegt – abhängig von dem jeweiligen Befragten. Unterschiedliche Fraktionen haben oftmals bereits sehr klare Vorstellungen über die zukünftigen Strukturen – meistens allerdings nur auf Produktebene. Wir empfehlen in unseren Beratungsprojekten stets eine betriebliche Analyse auf einer konzeptionellen Ebene ohne Produktbezug. Die Projektbeauftragten diskutieren und analysieren Lösungseinrichtungen, ohne ein Produkt und/oder einen Hersteller in den Fokus zu stellen. Eine klare, systematische Analyse der betrieblichen Einsatzszenarien ist zusammen mit deren betrieblichen Nutzenpotenzialen in unterschiedlichen modellhaften Varianten ein wichtiger Teil der Planung, der bestmöglich an die zu erwartenden zukünftigen Rahmenbedingungen angepasst wird. Diese modellhaften Varianten decken das ganze mögliche Lösungsspektrum an Architekturen ab.

Auch ist die Ausgestaltung der IT-Strategie im technischen Bereich nicht losgelöst vom Rest des Unternehmens und muss in die Gesamtüberlegungen unter folgenden Gesichtspunkten integriert werden:

  • Kundenanforderungen
  • Externe Auflagen, neuerdings auch der Bundesnetzagentur
  • Unternehmensstrategie
  • Betriebswirtschaftliche Planungen und Orientierung an den Synergieeffekten

 

Für die Sparten Strom, Gas, Wasser und Fernwärme verändern sich dadurch zukünftig nicht nur die Systemausprägung, sondern auch die betrieblich nutzbaren Geo- und Sachdaten. Hinzu kommt die Umsetzung der Unbundling-Stufen als wesentliche und dominante Rahmenbedingung. Nahezu alle laufenden wie geplanten Strategie-, Organisations- und IT-Projekte sind mit dem Projektvorhaben abzustimmen, da sie alle unmittelbar betroffen sind.

Projektphase 1 ist relativ kurz und ergibt für das Management eine belastbare Entscheidungsgrundlage, aus dem Spektrum der im Markt befindlichen Möglichkeiten und Erfahrungswerte die besten Lösungsansätze für das eigene Unternehmen auszuwählen. Zielsetzung ist es, sich am Ende dieser Projektphase auf einige wenige modellhafte Varianten zu fokussieren. Dies ist die Arbeitsgrundlage für den nächsten Projektschritt.

Phase 2: Wie kann die Strategie konzeptionell umgesetzt werden ?

Die ausgewählten Modelle werden in detaillierte betriebliche Anforderungen überführt, um das Lastenheft für die Systeme und Lösungen darlegen zu können. Nun gilt es, geeignete Anbieterlösungen zu den betrieblich festgelegten Anforderungen im Markt zu finden und die betrieblichen Anforderungen (Lastenheft) mit den Möglichkeiten im Markt abzugleichen und weiterzuentwickeln. In dieser Phase wird aus dem Modell ein anbieterspezifisches Lösungsspektrum zur Umsetzung der Gesamtkonzeption. Am Ende steht ein abgestimmter Rahmen für das zukünftige Gesamtprojekt, der eine Managemententscheidung für den Start eines Beschaffungsprojektes ermöglicht.

Phase 3: Welche Lösung am Markt soll gewählt werden ?

Der Beschaffungsvorgang ist bezüglich Methodik und Ablauf ein Standardvorgang in den Unternehmen. Am Ende stehen die Auswahl eines Anbieters und die erfolgreiche Umsetzung des Implementierungs- und Migrationsprojektes. Diese Phase der bunten Produktpräsentationen und Live-Demos darf die Projektverantwortlichen aber nicht von der eigentlichen Aufgabenstellung ablenken, nämlich die beste Lösung für den betrieblichen Einsatz und zur Umsetzung der Synergieeffekte zu suchen. Entscheidend ist hierbei die Abstimmung auf  den betrieblichen Alltag. Die Festlegung der betrieblichen Parameter wie:

  • Mengengerüste
  • Arbeitsplatztypen
  • Lastanforderungen für das System
  • Performance und Qualitätskriterien

lässt sich bei geeigneter Projektführung konsequent aus der Strategie ableiten und hilft allen Beteiligten frühzeitig, eine wirtschaftlich tragfähige Lösung zu finden.

Empfehlungen und Erfahrungswerte

In dieser Projektphase müssen das Projektteam und die Verantwortlichen viele weit reichende Entscheidungen treffen – auf der Grundlage einer betrieblich abgestimmten Gesamtkonzeption, eingebettet in die Strategie des Unternehmens. Zudem sind Integrationsprojekte grundsätzlich risikobehaftet, gerade wenn es um die Migration von Systemen geht. Hier sichert nur eine systematische und konsequente Vorgehensweise und der Rückgriff auf ein erfahrenes Team den Erfolg des Projektes. Das EnWG und die neuesten Zugangsverordnungen zeigen definitiv, dass die Ordnung und Systematisierung der Daten und Informationen im Netzbetrieb oberste Priorität haben müssen, um die gestiegenen Anforderungen in dem zu erwartenden Kostenrahmen abarbeiten zu können. Der Markt bietet inzwischen geeignete Lösungen – die Zeit ist reif für zukunftsorientierte GIS-/NIS-Integrationsprojekte mit all ihren strategischen und operativen Herausforderungen.

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